„Die meisten Kinder und Jugendlichen fühlen sich belastet, machen sich vermehrt Sorgen, achten weniger auf ihre Gesundheit und beklagen häufiger Streit in der Familie. Bei jedem zweiten Kind hat das Verhältnis zu seinen Freunden durch den mangelnden physischen Kontakt gelitten“, sagt Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer, Leiterin der Studie und der Forschungsgruppe „Child Public Health“ der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik des UKE.
Die Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen in Deutschland hat sich während der Corona-Pandemie vermindert, sie berichten vermehrt von psychischen und psychosomatischen Auffälligkeiten. Betroffen sind vor allem Kinder aus sozial schwächeren Familien. Das sind die wesentlichen Ergebnisse der sogenannten COPSY-Studie, in der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) die Auswirkungen und Folgen der Corona-Pandemie auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland untersucht haben. Dafür befragten sie zwischen 26. Mai und 10. Juni bundesweit 1040 Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren sowie 1586 Eltern per Online-Fragebogen. Jetzt wurde die Studie vorgestellt.
Kinder leiden unter weniger physischen Kontakten zur Außenwelt
Verminderte Lebensqualität und höheres Risiko für psyichische Auffälligkeiten
Die Auswertung der COPSY-Daten zeige erschreckende Entwicklungen. Zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen geben demnach eine verminderte Lebensqualität und ein geringeres psychisches Wohlbefinden an. Vor Corona war dies nur bei einem Drittel der Kinder und Jugendlichen der Fall gewesen. Das Risiko für psychische Auffälligkeiten steigt von rund 18 Prozent vor Corona auf 31 Prozent während der Krise, so die Studie. Die Kinder und Jugendlichen machen sich mehr Sorgen und zeigen häufiger Auffälligkeiten wie Hyperaktivität, emotionale Probleme und Verhaltensprobleme. Auch psychosomatische Beschwerden wie Gereiztheit, Einschlafproblemen oder Kopf- und Bauchschmerzen treten während der Corona-Krise vermehrt auf.
Der schulische Alltag ist schwer zu bewältigen
Auch bei Themen wie Schule, Familie oder Freunde zeigten sich in der Corona-Zeit auffällige Veränderungen: Für zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen seien die Schule und das Lernen anstrengender als vor Corona. Sie haben Probleme, den schulischen Alltag zu bewältigen und empfinden diesen teilweise als extrem belastend. Auch in den Familien habe sich die Stimmung verschlechtert: 27 Prozent der Kinder und Jugendlichen und 37 Prozent der Eltern berichten, dass sie sich häufiger streiten als vor der Corona-Krise.
Erhöhtes Risiko bei benachteiligten Kindern
Vor allem Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss beziehungsweise einen Migrationshintergrund haben, erleben die Corona-bedingten Veränderungen demnach als äußerst schwierig. Mangelnde Rückzugsmöglichkeiten und fehlende Tagestruktur könnten besonders in Krisenzeiten zu Streit und Konflikten in der Familie führen und erhöhten somit das Risiko für psychische Auffälligkeiten.
sm/kk