„Wir bauen uns den Markt für grünen Wasserstoff selber auf“, sagt Ove Petersen, CEO von GP Joule. Das Unternehmen plant und betreibt bisher vor allem Anlagen für die regenerative Energieerzeugung aus Sonne, Wind und Biomasse. 5.000 Elektro-LKW der 40-Tonnen-Klasse will Petersen bis 2027 mit Speditionen als Kunden auf deutsche Straßen bringen. Der Strom wird an Bord aus dem Wasserstoff über eine Brennstoffzelle erzeugt und soll so Reichweiten von mehr als 400 Kilometern mit einer Tankfüllung erreichen. 150 Wasserstoff-Tankstellen sollen dafür nach Planungen von GP Joule entstehen, beginnend in Schleswig-Holstein. „Dazu bauen wir neue Wind- und Solarparks in ganz Deutschland auf, greifen teilweise aber auch auf bestehende zurück,“ sagt Petersen. Eine installierte Leistung von 2,5 Gigawatt sei für die Wasserstoffversorgung in den nächsten fünf Jahren nötig. „Die ersten LKW werden im zweiten Halbjahr 2023 fahren. 2024 weitere 500, dann jährlich jeweils weitere 1.000.“ So ungewöhnlich das Projekt auch klingt, umso mehr stößt es auf großes Interesse. „Es gibt eine extrem hohe Nachfrage bei den Logistikern nach unseren emissionsfreien Transportangeboten“, sagt Joule.
Anfang 2023 werden, mit Blick auf die aktuellen Zulassungszahlen des Kraftfahrt Bundesamts, schätzungsweise rund eine Million Autos mit reinem Elektroantrieb auf deutschen Straßen fahren. Rasch verbreiten sich die Batterieantriebe für PKW auch dank Förderung der Bundesregierung und der Hersteller von bis zu 9.000 Euro pro Auto. Bei schweren Lastkraftwagen verläuft dieser Wandel jedoch deutlich langsamer. Denn sie benötigen wegen ihres hohen Gewichts größere und damit teurere Batterien. Eine Alternative stellt grüner Wasserstoff dar, gewonnen aus Wind- und Solarstrom. Dieser lässt sich schnell in Hochdrucktanks füllen und über Brennstoffzellen in elektrischen Strom für den Antrieb der Elektromotoren umwandeln. Genau diesen Weg schlägt aktuell das norddeutsche Unternehmen GP Joule im Reußenköge (Schleswig-Holstein) ein.
GP Joule: bis 2027 insgesamt 5.000 Elektro-LKW mit Wasserstoff-Antrieb
Clean Logistics wird wichtiger Partner
Wichtigster Partner für dieses ehrgeizige Projekt ist das Unternehmen Clean Logistics in Winsen (Luhe), die im Juni 2022 der Weltöffentlichkeit ihren ersten emissionsfreien LKW vorgestellt haben. Die Firma aus der Metropolregion Hamburg rüstet herkömmliche Trucks auf einen klimaschonenden Wasserstoffantrieb um. „Das ist die größte Anzahl an Zero-Emission-LKW, die bisher weltweit bestellt wurden und für unser wachsendes Unternehmen von sehr hoher Bedeutung“, sagt Clean-Logistics-CEO Dirk Graszt. Für die Produktion werden die Kapazitäten bis 2027 stufenweise an unterschiedlichen Standorten aufgebaut, sowohl in Winsen (Luhe), aber auch im niederländischen Veenendaal. „Unser Plan ist es, einen Großteil der Wasserstoff-LKW in Winsen zu produzieren“, sagt Graszt. Günstig ist dieser Umstieg allerdings nicht. „Heute kostet ein Wasserstoff-LKW mehr als eine halbe Million Euro“, so der Clean-Logistics-CEO. Klassische LKW mit Dieselantrieb rangieren dagegen bei gut 120.000 Euro. Dennoch könne sich der Umstieg für das Unternehmen GP Joule rechnen, da der Kauf eines neuen Fahrzeugs mit 80 Prozent der Mehrausgaben gegenüber einem konventionellen Dieselfahrzeug bezuschusst werde. „Und mit der Serienproduktion erwarten wir eine erhebliche Senkung der Kosten“, schaut Graszt in die nahe Zukunft.
500 neue Arbeitsplätze in der Metropolregion Hamburg geplant
Nicht nur GP Joule hat die Wasserstoff-Trucks von Clean Logistics im Blick. „Wir haben sehr viele Anfragen, vor allem direkt von Speditionen mit großen Fahrzeugflotten“, sagt Graszt. Um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, sind auch mehr Fachkräfte aus der Metropolregion Hamburg erforderlich. „In den nächsten drei bis fünf Jahren schaffen wir in Winsen bis zu 500 neue Arbeitsplätze. Dafür suchen wir händeringend qualifiziertes Personal“, betont der CEO. Für die kommenden Jahre hat er sogar noch ehrgeizigere Pläne: „Unsere Vision für die Zukunft ist, die Fahrzeuge komplett selbst herzustellen, wobei wir auf sogenannte Glider – Zugmaschinen für Sattelschlepper – von namhaften Herstellern zurückgreifen wollen.“
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