So machte das junge Fashionlabel etwa im Mai 2018 von sich reden, als es parallel zu den „About You Awards“, dem Jahresevent des Branchen-Riesen , die „Inferno Ragazzi Awards“ veranstaltete und durch die gleichen Hashtags von der Aufmerksamkeit des bekannten Events profitierte. „Bei unserem Event haben wir z. B. den Inferno-Influencer of the year gekürt und den Young-Gun-Award bzw. den Legend-Award verliehen“, erzählt Pinck. Letzterer ging an About You-Gründer Tarek Müller. „Wir haben ihm die Auszeichnung auf seinem eigenen roten Teppich überreicht und er fands klasse.“ Die Live-Übertragung bei Facebook brachte IR eine Reichweite von 80.000 Views ein. „Für die Möglichkeiten, die wir haben, ist das echt gut und das hat sich auch in den Verkaufszahlen niedergeschlagen“, so der der 30-Jährige. Darüber hinaus stellen die Veranstaltungen ein eigenes Geschäfts-Standbein da und bilden eine maßgebliche Einnahmequelle. Zum anderen aber wirken die Events markenbindend. „Die Bilder, die so entstehen, kommunizieren über Instagram und Facebook unser Lebensgefühl.“
Vor gut einem halben Jahr stieg Inferno Ragazzi (IR) mit seiner fröhlichen Surfmode ins stationäre Geschäft ein und eröffnete im Schanzenviertel einen ersten Store. Die Fassade in Neonpink, das Motto: Kunden und Community eine gute Zeit bescheren, offen sein und das Beste aus jedem Tag rausholen. Nun transportieren viele Modelabel über ihre Produkte ein bestimmtes Lebensgefühl, aber das IR-Team um die Geschäftsführer Flemming Pinck (kreative Kopf) und „Joe“ Schurer (Allrounder), Nil Von Appen (Events), Julian Holzer (Sales) sowie Zahlenexperte Marco Hackstein, treibt den Ansatz ein Stück weiter.
Events als markenbindendes Marketingtool und Einkommensquelle
Storytelling und ganz nah an der Community
Gerade die Kombination aus Storytelling, der Pflege möglichst persönlicher Kundenbeziehungen über Social-Media-Kanäle sowie die Events, zeichne Inferno Ragazzi als das etwas andere Modelabel aus, ist Pinck überzeugt. „Wir hatten einen besonderen Start und diese Geschichte wollen wir mit unserer Mode weitererzählen.“ Alles begann vor gut zehn Jahren, als Pinck und seine beiden besten Freunde nach dem Abitur einen Surftrip durch Kalifornien und Mexiko unternahmen. Um als deutsche „Hänflinge“ frisch von der Schule den deutlich kräftigeren US-Boys der Szene etwas entgegenzusetzen, ließen sie sich aus Spaß „Hellboys“ auf die Rücken tätowieren. „Es waren Henna-Tattoos und es funktionierte. Nach kurzer Zeit kannten uns alle und bei den Partys wurden wir vom DJ mit ‚Hey, da sind die German Hellboys’ begrüßt.“ Pinck und seine Freunde hatten eine richtig gute Zeit – und sie erkannten den Wert, Aufmerksamkeit erzeugen zu können, was wiederum in die Unternehmensgründung führte.
Aus German Hellboys werden Inferno Ragazzi
Zur Erinnerung und als Weihnachtsgeschenk für seine Kumpel ließ Pinck für sie alle Jacken mit selbstentworfenem, leuchtend-pinken Logo versehen, und weil einer seiner Freunde Halbitaliener ist, wurde aus Hellboys die italienische Variante Inferno Ragazzi, kurz IR. Immer wieder auf die Jacken angesprochen, entschied sich Pinck, der inzwischen Produkt- und Industriedesign studierte, eine erste Kollektion auf die Beine zu stellen. „Das Jugendlich-Freche unserer damaligen Reise, haben wir in der Marke beibehalten und sind in allem was wir tun immer eher eine Spur drüber, als uns an alle Regeln zu halten“, erklärt der Gründer die IR-Philosophie. Schließlich sorgen Regelverstöße für Gesprächsthemen.
Der wahre Wert einer Kokusnuss
Dabei geht es IR keineswegs darum, mit wilden Partys in die Sensationspresse zu kommen, sondern einfach um die etwas andere Idee. „Wir sind sehr detailverliebt und so finden sich in unseren Kollektionen immer wieder kleine Überraschungen, die man nicht auf den ersten Blick sieht, über die dann aber im Netz gesprochen wird.“ Oder Pinck erzählt von der Kokosnuss, die sie online gestellt und gleich mit dem Verweis „ausverkauft“ versehen hätten. „Wir werden heute noch darauf angesprochen, wann wir die Kokosnuss wieder anbieten. Durch solche kleinen Ideen erinnern sich die Leute an die Marke und reden darüber.“
Jeder Schritt Neuland
Die Strategie funktioniert. Inferno Ragazzi bringt es inzwischen auf 25.000 Facebook- und Instagram-Follower – „ohne Zukauf“, wie Flemming betont. „Das schaffen wir, weil wir eine Beziehung zu unseren Kunden/Followern aufgebaut haben und die Menschen folgen uns, weil sie wissen wollen, was wir als nächstes machen.“ Und sie selbst seien genauso gespannt, denn sie versuchen, mit jedem Schritt Neues auszuprobieren. Tatsächlich bedingt das eine das andere. Denn mit dem richtigen Image lässt sich die Produktpalette um Stücke erweitern, die eben noch als abgrundtief spießig verbucht wurden – etwa eine Bauchtasche – die im frisch-bunten IR-Design jedoch zum neuen It-Piece avanciert. Neue Produkte entstehen aber auch durch Kooperationen mit etablierten Partnern aus der Mode-, Musik- oder Getränkebranche, erzählt Pinck. „Durch solche Collaborations profitieren wir von der meist deutlich größeren Reichweite unserer Partner und schaffen damit eine größere Markenbekanntheit auch für IR.“
Bald auch in Kalifornien?
Auch ganz real plant Inferno Ragazzi seine Reichweite auszudehnen. Pinck denkt über Deutschlands Grenzen hinaus. „Es war schon eine Herausforderung, in das deutsche ‚Schwarz-Weiß-Grau’ einen Farbklecks zu bringen und wir haben diese Herausforderung gern angenommen.“ Doch beim letzten Fotoshooting in Kalifornien hat er festgestellt, wie viel euphorischer die Menschen dort auf die IR-Kollektion reagieren. Und obwohl er erklärt, selbst gespannt zu sein, wohin die Reise noch gehe, ist er auch überzeugt: „Da müssen wir in der Zukunft sicher noch hin.“
ys/sb