Forschung

Klimastandort Hamburg: Nobelpreis und Supercomputer

22. April 2025
International anerkannt und mit einem Nobelpreisträger als Gründungsdirektor hat das Max-Planck-Institut für Meteorologie den Forschungsstandort Hamburg maßgeblich geprägt. Nun feiert die Klimaforschungseinrichtung Jubiläum

Ein halbes Jahrhundert Klimaforschung: Seit 1975 verfolgt das Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) in Hamburg das Ziel, das Klima der Erde zu verstehen und erforscht dazu das globale Klimasystem in drei Hauptfeldern – Klimaphysik, Klimadynamik und Klimavariabilität. Die Wissenschaftler:innen arbeiten sowohl in internen Forschungsgruppen als auch in Kooperation mit weiteren Forschungseinrichtungen. So ist das MPI-M Teil des Netzwerks KlimaCampus Hamburg, dem eine Vielzahl von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Bundesbehörden angehören, darunter die Universität Hamburg, mit dem Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN). Hier werden übergeordnete Fragestellungen interdisziplinär verfolgt, etwa die Änderungen des Meeresspiegels und ihre Auswirkung auf Küstenregionen oder die Frage, welche Standorte sich vor allem für den Anbau von Nahrungsmitteln eignen und welche besser für Windkraft-, Solar- oder Biogasanlagen genutzt werden könnten.

Nobelpreis und Exzellenzcluster

Zudem kooperiert das MPI-M mit dem Exzellenzcluster „Climate, Climatic Change, and Society“ (CLICCS), gefördert von der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder. CLICCS verbindet Erkenntnisse der Klimaforschung mit Wirtschaft und Sozialwissenschaften, um daraus Handlungsempfehlungen für Gesellschaft und Politik abzuleiten. Und es geht der Frage nach, ob und wie sich das Ziel, die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, realistisch umsetzen lässt. Für ein statistisches Modell, mit dem sich die Erderwärmung dem Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre zuschreiben lässt, erhielt Professor Klaus Hasselmann, Gründungsdirektor des MPI-M, 2021 den Nobelpreis für Physik. Und ein Jahr später das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. „Sie widmeten sich der Frage, ob der Mensch das Klima verändert oder ob es sich um natürliche Klimaschwankungen handle. Mit Ihren Modellierungen haben Sie den Beweis erbracht, dass der Temperaturanstieg in der Atmosphäre auf unseren menschlichen Kohlendioxid-Ausstoß zurückzuführen ist“, würdigte Bundespräsiden Frank-Walter Steinmeier Hasselmann bei der feierlichen Verleihung und fügte hinzu: „Die physikalischen Modelle zeigen uns, welch verheerende Auswirkungen es für Mensch und Umwelt hat, wenn wir unsere Klimaziele verfehlen.“ Hasselmann, ein gebürtiger Hamburger, leitete das MPI-M bis 1999 und war zudem von 1988 bis 1999 wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Klimarechenzentrum (DKRZ), der nationalen Service-Einrichtung für die Klima- und Erdsystemforschung mit Sitz auf dem Campus der Universität Hamburg.

Bundespräsiden Frank-Walter Steinmeier übergibt Nobelpreisträger Klaus Hasselmann das Große Verdienstkreuz mit Stern in einer Schatulle. Hinter den Männern ist die Flagge mit dem Bundesadler zu sehen.
Bundespräsiden Frank-Walter Steinmeier ehrt Nobelpreisträger Klaus Hasselmann in Schloss Bellevue

Supercomputer am DKRZ

Am DKRZ wurde 2022 der Hochleistungsrechner „Levante“ in Betrieb genommen. Der Supercomputer erlaubt eine Vervierfachung der Rechenleistung gegenüber seinem Vorgängermodel Mistral. Bis zu 14 Billiarden mathematischer Operationen pro Sekunde ermöglichen Simulationen wichtiger kleinräumiger Klimaprozesse, etwa explizite Darstellungen von Wolken, die Details zu Wolkenstrukturen und damit das Verhalten verschiedener Wolkentypen beinhalten. Die wesentlich detailreicheren Darstellungen der atmosphärischen Zirkulation erlauben drastisch verbesserte Klimavorhersagen. „Levante ist ein Meilenstein in der wissenschaftlichen Datenverarbeitung, da nun mehr Klimasimulationen mit hochaufgelösten Modellen, z.B. mit einer Gitterauflösung von 2,5 km, und für Zeiträume von mehreren Jahrzehnten möglich werden, was der Klimawissenschaft gestattet, wissenschaftliches Neuland zu betreten”, so die Einschätzung von Professor Bjorn Stevens, Direktor der Abteilung Klimaphysik am MPI-M, das gemeinsam mit der Stadt Hamburg und der Helmholtz-Gemeinschaft rund 45 Millionen Euro in den Supercomputer investiert hat. Mehr als 1.500 Wissenschaftler:innen nutzen inzwischen die Rechner und Dienste des DKRZ. Klimaforscher:innen aus dem In- und Ausland können Rechenzeit beantragen, darunter etwa Akteure des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersagen (European Centre for Medium-Range Weather Forecasts, ECMWF). Die internationale Organisation ist auf die Erstellung von globalen Wettervorhersagen spezialisiert.

Hochleistungsrechner „Levante“ am DKRZ in blaues Licht getaucht
Hochleistungsrechner „Levante“ am DKRZ

Helmholtz-Zentrums Hereon

Ein wichtiger Partner und Gesellschafter des DKRZ ist das Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht. Rund 1.000 Beschäftigte erarbeiten Wissen und entwickeln Innovationen mit dem Ziel, den Erhalt einer lebenswerten Welt zu gewährleisten – der Name Hereon setzt sich aus den Begriffen „Helmholtz“, „Resilienz“ und „Innovation“ zusammen. Das Großforschungszentrum ist Teil eines internationalen Netzwerks und verfolgt beispielsweise zusammen mit der Universität Genf (UNIGEO) sowie Forschenden von DESY einen völlig neuen Ansatz, um Vulkanausbrüche zu verstehen. Und um zu verstehen, wie sich CO2-Emissionen verteilen und welche Austauschprozesse zwischen Atmosphäre, Ozean und Land diese Verteilung regulieren, haben Hereon, CLICCS, die Universitäten Hamburg und Bern sowie das MPI-M gemeinsam ein neuartiges Ozeanmodell entwickelt. ICON-Coast simuliert erstmalig den Transport von Kohlenstoff sowie dessen Einlagerung und Umsatz für den globalen Küstenozean.  

Glasfassade des Max-Planck-Instituts für Meteorologie
Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg Rotherbaum

Jubiläumsprogramm

So pflegt das MPI-M seit seiner Gründung 1975 ein enges Netzwerk mit zahlreichen Forschungseinrichtungen und hat damit die Klimaforschung in Hamburg maßgeblich geprägt. Auch das feiert das Institut in seinem Jubiläumsjahr. Auf dem Programm stehen neben (Ring)vorlesungen, ein Symposium in der Patriotischen Gesellschaft und ein Senatsempfang im Rathaus am 23. April, eine einmonatige Ausstellung „50 Jahre Klimaforschung“ in der Hamburger Rathausdiele, ein Klimakonzert im Oberhafenquartier am 12. Juni sowie die wissenschaftliche Konferenz „Climate Exploration in Lively Liaison with the Ocean“ (CELLO) vom 16. bis 18. September, zu der Expert:innen aus aller Welt erwartet werden. Dabei werden die Forschenden neueste Ansätze zu den Themen Ozeanturbulenz, Interaktion zwischen Luft, Meer und Eis sowie Modellierungen diskutieren – ausgehend von den Errungenschaften des Gründungsdirektors Klaus Hasselmanns und damit anknüpfend an das Jubiläum.
ys/kk

Quellen und weitere Informationen

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