Aus der Global Proptech Survey 2018 des Wirtschaftsprüfungsunternehmens KPMG geht hervor, dass 93 Prozent der Befragten glauben, dass traditionelle Immobilienunternehmen sich mit Proptechs austauschen müssten, um sich an das verändernde globale Umfeld anzupassen. Befragt wurden 270 Entscheider aus der globalen Immobilienbranche. Davon zeigt sich auch Dr. Rolf Strittmatter, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Hamburg Invest, überzeugt: „Neue Technologien und digitaler Wandel verändern den Markt auch im Bereich der Immobilienwirtschaft. In Hamburg gibt es eine Vielzahl vielversprechender Startups, die zeigen, wie die Immobilienwirtschaft die Chancen der Digitalisierung nutzen kann.” Die Startup-Unit der Hamburg Invest bietet Gründungsinteressierten und Gründern mit einem Fokus auf wissens- und technologieorientierten Geschäftsmodellen Auskunft und Unterstützung und versteht sich als zentrale Anlaufstelle für alle Fragen zu den Startup-Angeboten der Stadt.
Die Digitalisierung macht auch vor der Immobilienwirtschaft keinen Halt. Ob digitale Immobilienmakler, Crowdinvesting oder Smart-Home-Lösungen – Immer mehr Startups wollen die traditionelle Immobilienbranche mit technologischen Innovationen revolutionieren. Die Rede ist von sogenannten Proptechs. Laut Comdirect-Studie gibt es derzeit 19 junge Unternehmen (Stand Ende 2019), die es sich zum Ziel gesetzt haben, die Digitalisierung der Immobilienwirtschaft voranzutreiben. Damit zählt Hamburg zu den Top 3 Proptech-Hotspots in Deutschland, nach Berlin und München; so eine Studie der schwedischen Catella Property Group. Die Hamburg News werfen einen Blick hinter die Kulissen der hiesigen Proptech-Szene.
Chancen der Digitalisierung nutzen
Proptech = Property Technology
Die Abkürzung ‚Proptech‘ steht für die englischen Begriffe Property Technology und umfasst technologische- bzw. wissensbasierte Geschäftsmodelle, die zur digitalen Entwicklung und Optimierung der Immobilienbranche beitragen – von 3D-Grundrissen via App bis hin zum Smart Building. Meistens handelt es sich bei Proptech-Unternehmen um Startups. Dabei kommt es vor allem im Immobilien- und Finanzdienstleistungsbereich (Fintechs) häufig zu Überschneidungen, da diese Branchen eng miteinander verzahnt sind. Ein Beispiel hierfür ist das das digitale Crowdinvesting.
Proptechs decken unterschiedliche Anwendungsfelder ab, unter anderem:
• Property Management: Verwaltung von Immobilienobjekten (z. B. Mieter-Check)
• Facility Management: Bewirtschaftung der Immobilie (Energieverbrauch optimieren)
• Home Services und IoT Home: Technologie, die das Leben im Objekt optimiert (smarte Glühbirnen)
• Home/Apartment Search: Vermittlung von Miet- und Kaufobjekten (digitale Immobilienmakler)
• Portfolio Management: Vermögensverwaltung (Immobilien-Crowdinvesting-Plattformen)
Digitaler Immobilienmakler und Makler-Matching
Die Hamburger Startup-Landschaft hat einige Pioniere und heute deutschlandweit führende Proptechs hervorgebracht. Doch es gibt auch vielversprechende Newcomer.
2013 von Nikolai Roth gegründet, ist die Maklaro GmbH als digitaler Immobilienmakler tätig. Hierfür hat das Proptech die traditionelle Offline-Bieterverfahren der Immobilienbranche digitalisiert: Bei mehreren Interessenten für eine Immobilie kommt ein innovatives Online-Bieterverfahren zum Einsatz – eine Art virtueller Verhandlungstisch. Damit verspricht Maklaro durchschnittlich 25 Prozent höhere Verkaufspreise. Das Unternehmen beschäftigt derzeit 15 Mitarbeiter.
Ebenfalls im Segment Home/Apartment Search ist die Hamburger Talocasa GmbH aktiv, die mit Hausgold ein datengestütztes, digitales Maklernetzwerk anbietet. Dabei basiert die Vermittlung von Immobilienmaklern auf einem eigens entwickelten Algorithmus, der mit Big Data aus dem Immobilienbereich (Verkaufspreise, Anzahl Immobilienverkäufe nach Regionen etc.) gefüttert wird und einen Matching-Score berechnet. Sebastian Wagner rief das Proptech 2014 ins Leben, heute arbeiten rund 60 Mitarbeiter für das Unternehmen.
Immobilien-Crowdinvesting und Blockchain-basierte Transaktionen
Darüber hinaus stehen in Hamburg digitale Immobilieninvestments (Portfolio Management) hoch im Kurs. Als Marktführer gilt das Crowdinvesting-Startup Exporo, welches sich im Herbst 2019 mit dem Konkurrenten Zinsland, ebenfalls in der Elbmetropole beheimatet, zusammengeschlossen hat. Auf der Online-Plattform können Kleinanleger mit einem Beitrag ab 500 Euro in Immobilien investieren. 2014 von Simon Brunke, Björn Maronde, Tim Bütecke und Julian Oertzen gegründet, zählt die Exporo AG heute mehr als 190 Mitarbeiter.
Dahingegen setzt die Finexity AG auf Blockchain-basierte Transaktionen. 2018 von Paul Hülsmann und Henning Wagner gegründet, ging Ende 2019 das erste Objekt online: Hierfür können Anleger sogenannte Security Token erwerben, die stellvertretend für Anteile an der Immobilie stehen. Tim Janssen, Head of Blockchain, zufolge, „haben Anleger die Möglichkeit ihre digitalen Anteile jederzeit, ohne bürokratische Aufwände, wie durch Notare oder Makler, zu verkaufen.“ Dabei könne die Blockchain-Technologie vor allem in Hinblick auf Sicherheit, Schnelligkeit und Kosten punkten. Derzeit arbeiten mehr als 15 Mitarbeiter an der Blockchain-basierten Immobilien-Investitionsplattform, die im Januar mit dem Deutschen Exzellenzpreis 2020 in der Rubrik „Startup – Finanzen“ ausgezeichnet wurde.
Echtzeitvernetzung von Gebäuden, Mietern und Eigentümern
Kjell Ole Beckmann und Tom Leppin von der Reos GmbH haben es sich zum Ziel gesetzt, die Immobilienbewirtschaftung und Portfolioverwaltung zu digitalisieren. „Hierfür verbinden wir das Gebäude mit seinem Eigentümer und den Mietern. Als erste Cloud-Plattform kombiniert Reos Softwarelösungen mit IoT-Echtzeitdaten aus der Immobilie, darunter Verbrauchswerte, Zutrittsberechtigungen oder klassische Störmeldungen“, erklärt Leppin, Gründer und Managing Partner von Reos. Diese seien über eine Verwaltungsplattform und ein Mieterportal einsehbar. Als Teil der Hamburger Delegation präsentierten die Gründer ihr Geschäftsmodell auf der renommierten Immobilienmesse Expo Real 2019 in München. 2017 gegründet, beschäftigt die Reos GmbH aktuell rund 22 Mitarbeiter.
sb/kk
Quellen und weitere Informationen
- Informationen zum Hamburger Startup-Ökosystem
- Innovationsportal future.hamburg
- www.catella.com
- www.der-bank-blog.de
- www.proptech.de
- www.maklaro.de
- www.hausgold.de
- Hamburg Startups l Hausgold
- www.financefwd.com
- www.exporo.de
- www.finexity.com
- Hamburg Startups l Finexity
- www.deutscherexzellenzpreis.de
- www.reos-software.com
Neues aus dem Proptech-Ökosystem
Auf Proptech.de bloggt Nikolai Roth, Gründer und CEO von Maklaro, über Trends und Entwicklungen der deutsche Proptech-Szene. Für den Newsletter anmelden.
Starker Fintech-Standort
Die Hansestadt steht bei Fintech-Gründern aller Bereiche hoch im Kurs. Das zeigt das Comdirect Fintech-Städteranking 2019:
In Hamburg sind derzeit 83 Finanztechnologie-Startups (Vorjahr: 67) beheimatet, darunter 21 Neugründungen (2017/18: 12). Bei den Venture Capital Investitionen (von 2018 bis September 2019) liegt Hamburg mit 189 Mio. Euro (2017/18: 236 Mio. Euro) auf Platz 3 im deutschlandweiten Vergleich. Im Untersuchungszeitraum konnte die Hansestadt 14 VC-Runden verzeichnen (2017/18: 12 VC-Runden).
Insgesamt 20 der Hamburger Fintechs können dem Bereich Finanzierung (Vorjahr: 15) zugeordnet werden. Zudem gibt es laut Studie 19 Proptechs (Vj. 15), 9 Investment-Startups (wie im Vorjahr) und 35 Startups (Vj: 28), die in die Kategorie “sonstige” fallen.
kk/sb