Rund 70 Teilnehmer*innen waren bei der virtuellen Hansebloc-Konferenz dabei, als es um Fakten, Funktionen und Erfahrungen rund um das Blockchain-Projekt ging. So bezeichnete Dr. Oliver Pieper, zuständig für den Bereich Innovation im BMBF, das Projekt als „Musterbeispiel“ dafür, dass Cluster, wie die Logistik-Initiative Hamburg, einen wichtigen Beitrag für das Innovationsland Deutschland leisten. „Im April 2018 gestartet, war Hansebloc schon damals Vorreiter“, fügt Pieper schmunzelnd hinzu. Schließlich wurde die Blockchain-Strategie der Bundesregierung erst etwa 1,5 Jahre später verabschiedet. „Ich bin gespannt, wie sich das Projekt in den nächsten Jahren entwickelt.“
Der Hype um die Blockchain-Technologie ist Geschichte. Und das ist gut so. Vielmehr befindet sich die Distributed-Ledger-Technologie auf einem „Plateau der Produktivität“, so die Studie „Hype Cycle for Blockchain Technologies 2020“ des Forschungs- und Beratungsunternehmens Gartner. Nun gehe es vor allem darum, sinnvolle Anwendungen der Distributed-Ledger-Technologie zu identifizieren, zu implementieren und zu testen. Dabei habe die Technologie großes Potenzial für die bislang wenig digitalisierte Logistikbranche, da sie als transparent, fälschungssicher und dezentral gilt.
Einen Schritt weiter ist bereits das norddeutsche Verbundprojekt Hansebloc („Hanseatische Blockchain-Innovationen für Logistik und Supply-Chain-Manangement“), unter der Leitung der Logistik-Initiative Hamburg. Das mit 1,9 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Vorhaben, an dem zehn kleine und mittlere Unternehmen beteiligt sind, steuert nach mehr als 2,5 Jahren, über 90 Treffen und einem Prototypen auf die Zielgeraden zu. In einer Abschlusskonferenz Ende November gab es Lob, einen Einblick in erste Ergebnisse, und einen Vorgeschmack darauf, wie es weitergehen soll.
Logistik-Cluster als Katalysator für Innovationen
Fälschungssichere Dokumentation von Transportdaten als Ziel
Ziel des norddeutschen Konsortiums, bestehend aus vier IT-Dienstleistern, vier Logistikern und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg) sowie der Kühne Logistics University gGmbH (KLU), war es, das System Hansebloc im Logistikkontext als Infrastruktur und Gegenentwurf zur Plattformökonomie, also ohne marktbeherrschende Intermediäre, zu entwickeln, stellte Dr. Jan Rode von der Logistik-Initiative Hamburg die Projektvision vor. Dabei soll eine fälschungssichere Dokumentation von Transportdaten und Gefahrenübergangen auf der Blockchain für mehr Sicherheit sorgen, Echtzeitdaten generieren und Prozessabläufe automatisieren. Ein wichtiger Bestandteil sollte von Anfang an die Steuerung der Freigabe von Daten sein. Zu den Herausforderungen zählten vor allem strenge Datenschutzanforderungen hinsichtlich der sensiblen Daten und ein variierendes IT-Know-how in den Logistikunternehmen.
Prototyp auch für Luft- und Schifffahrtsbranche geeignet
Der entwickelte Prototyp wurde Anfang Oktober 2020 ausführlich getestet, im Labor und unter realen Bedingungen. Die Evaluation und Bewertung übernahm die Kühne Logistics University. KLU-Wissenschaftler Thomas Twenhöven kam zu dem Schluss: „Die Blockchain ist in der Praxis einsetzbar. Die Vorteile für die praktische Arbeit sind im Test klar zu beobachten.“ Dabei sei die Plattform samt App aus der Perspektive des Straßengüterverkehrs umgesetzt worden, es würde aber auch für Luft- und Seefracht funktionieren. Denn „die Blockchain in Hansebloc verwaltet digitale Zwillinge von Transportprozessen, bildet also alle relevanten Daten in Echtzeit ab“, ergänzte Kevin Westphal von der Consider IT GmbH. So sei einer der besagten Vorteile, dass bei der Blockchain-basierten Lösung keine Details über den Logistikprozess direkt ausgelesen werden können. Daten, wie Ort, Zeit, Ware und Verantwortliche, liegen demnach lediglich als Prüfsumme vor.
Sensorchain & Co. – Wie es weiter geht mit Hansebloc?
So könne die Blockchain-Lösung bereits recht komplexe Transportprozesse abbilden, doch man wolle über das offizielle Projektende (Dezember 2020) hinaus daran arbeiten, um die Entwicklung zur Marktreife zu bringen. So könne die Hansebloc sogar zum Kern eines Marktplatzes mit Dienstleistungen und Payment-Services werden. Doch zunächst steht das Thema Sensorchain im Mittelpunkt. Hierfür soll Anfang 2021 ein an die Blockchain angebundenes Sensornetzwerk in der Praxis erprobt werden. Mithilfe von an der HAW Hamburg entwickelten Sensoren, die beispielsweise in Europaletten eingesetzt werden, sollen sich unter anderem Transporte tracken und Kühlketten überwachen lassen. Kommt es zu Abweichungen, greift ein Alarmsystem – Zum Beispiel, wenn eine zuvor (in einem sogenannten Smart Contract) festgelegte Temperatur um 15 Grad überschritten wird. Darüber hinaus sollen an die Hansebloc zukünftig Drittanbieter angebunden werden (Microservices), dazu könnten Zoll/Behörden, Versicherungen oder Frachtenbörsen zählen, so die Hansebloc-Projektbeteiligten.
sb/kk
Quellen und weitere Informationen
Hansebloc
Das Hansebloc-Projekt treiben insgesamt zehn norddeutsche Verbundpartner aus Hamburg und Bremen voran, die sich aus dem Netzwerk der Logistik-Initiative Hamburg zusammengefunden haben. Darunter sind vier Logistikdienstleister (Kroop & Co. Transport + Logistik GmbH, Shot Logistics GmbH, Sovereign Speed GmbH & Transimeksa Intermodal GmbH), vier IT-Dienstleister und Blockchain-Experten (Chainstep GmbH, Consider it GmbH, Hec GmbH & Itemis AG) sowie zwei Hochschulpartner (HAW Hamburg und Kühne Logistics University). Die Logistik-Initiative Hamburg übernimmt die Projektkoordination des rund 2,5 Jahre laufenden Vorhabens (April 2018 bis Dezember 2020) mit einem Volumen von rund 3,1 Millionen Euro. Die Forschung zu Blockchain-Innovationspotenzialen für die mittelständische Logistikwirtschaft wird vom BMBF mit rund 1,8 Millionen Euro gefördert. Mit dem Programm „KMU-NetC“ will das BMBF Forschungs- und Entwicklungsvorhaben von KMU in leistungsstarken Clustern fördern, um kleinere und mittlere Unternehmen stark für die Zukunft zu machen.
Blockchain-Technologie
Eine Blockchain ist eine dezentrale Datenbank, die eine stetig wachsende Liste von Transaktionsdatensätzen vorhält. Die Datenbank wird chronologisch linear erweitert, vergleichbar einer Kette, der am unteren Ende ständig neue Elemente hinzugefügt werden – daher auch der Begriff ‚Blockchain‘. Ist ein Block vollständig, wird der nächste erzeugt. Jeder Block enthält eine Prüfsumme des vorhergehenden Blocks. Das soll die Technologie vor Manipulation schützen. Somit ist die Blockchain Teil der sogenannten Distribuded-Ledger-Technologie (DLT).