Viele Einwegplastikprodukte sind seit dem 3. Juli 2021 in der EU verboten. Dazu gehören etwa Trinkhalme, Rührstäbchen, Luftballonstäbe oder Einweg-Geschirr aus konventionellem Plastik und aus "Bioplastik". Auch To-go-Becher und Einweg-Behälter aus Styropor dürfen in der EU nicht mehr produziert und in den Handel gebracht werden.
Als Plastik vor gut hundert Jahren erfunden wurde, war es eine Erfolgsgeschichte: Leicht, flexibel, vielseitig einsetzbar und dazu noch preiswert in der Produktion. Inzwischen kommt der Kunststoff Mensch und Natur teuer zu stehen, Plastikmüll ist zu einem globalen Problem geworden. Im Jahr 2019 fielen in Deutschland 6,28 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle an. Wird Plastikmüll nicht ordnungsgemäß entsorgt oder wiederverwertet, kann er über Flüsse und andere Gewässer in die Weltmeere geraten. Und dort bleibt er. Eine Einkaufstüte zersetzt sich erst nach 10 bis 20 Jahren, eine PET-Flasche braucht gar rund 450 Jahre, bis sie sich in ihre Bestandteile auflöst und in Form von Mikroplastik auf den Meeresgrund sinkt. Dem wollen immer mehr Hamburger Gründer mit cleveren Innovationen etwas entgegensetzen.
Einweg-Plastik wird verboten
Bracenet: Befreit die Meere von Geisternetzen
Das 2015 gegründete Startup Bracenet hat sich zum Ziel gesetzt, die Ozeane von ‚Geisternetzen’ zu befreien. Allein das Pacific Garbage Patch, der große Müllstrudel im Nordpazifik, besteht zu 46% aus verlorenen oder absichtlich im Meer versenkten Fischernetzen. Die Bracenet-Gründer Madeleine von Hohenthal und Benjamin Wenke kooperieren mit der Meeresschutzorganisation Healthy Seas, einheimischen Taucherteams – sogenannten Ghostfishern – sowie dem norwegischen Unternehmen Nofir, das die Netze reinigt und für die Wiederverwertung aufbereitet. In ihrer Hamburger Manufaktur fertigt das Startup, das zu den Siegern des 13. Deutschen Nachhaltigkeitspreises gehört, aus dem Rohmaterial Armbänder, Hundeleinen oder Schlüsselanhänger.
Wildplastic: Material aus aller Welt für Wildbags
Auch Wildplastic kooperiert mit zertifizierten Sammelinitiativen in Ländern, in denen es keine funktionierenden Abfallsysteme gibt. Die Sammler*innen erhalten faire Löhne, der gesammelte Kunststoff wird sortiert, gereinigt und zu Granulat verarbeitet, aus dem die ‚Wildbags‘ entstehen: Müllbeutel, die zu 100 Prozent aus ‚wildem Plastik‘ gefertigt werden. Gegründet 2019 von einem sechsköpfigen Gründerteam versteht sich Wildplastic als Purpose GmbH: Gewinne werden reinvestiert und das Unternehmen gehört den Mitarbeitern.
Accelerator Planet A unterstützt Startup Traceless
Unter den Wildplastic-Gründern ist Fridtjof Detzner - Business Angel, Speaker, Abenteurer und Initiator von Planet A. Der Accelerator ist auf Impact Investing ausgerichtet und fördert Start-ups, die einen nachhaltigen und messbaren Beitrag zum Erreichen von mindestens einem der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele leisten.
So wie Traceless. Statt auf Recycling von Altplastik setzt das von Dr. Anne Lamp und Johanna Baare gegründete Startup auf eine Plastik-Alternative aus Nebenprodukten der Agrarindustrie. Der Traceless-Kunststoff orientiert sich am Cradle-to-Cradle-Prinzip und ist zu 100% biologisch abbaubar. Ein Ansatz, der mit dem 2. Platz beim Future Hamburg Award 2021 ausgezeichnet wurde.
Bio-Lutions und Lignopur: Pflanzenbasierer Plastikersatz
Plastikersatz auf Pflanzenbasis entwickeln auch die Hamburger Startups Bio-Lutions und Lignopur. Während Bio-Lutions, gegründet 2017 von Eduardo Gordillo, sich auf die nachhaltige Produktion von Einweggeschirr und Verpackungen aus Agrarresten fokussiert, zielt Lignopur auf ganz unterschiedliche Einsatzbereiche.
Wienke Reynolds und Joana Gil haben ein neues Verfahren entwickelt, mit dem sie den Rohstoff Lignin aus Pflanzenresten extrahieren, der dann im 3D-Druck oder Spritzguss, in Dämmstoffen und Klebebändern oder auch im Kosmetik- und Lebensmittelbereich zum Einsatz kommen kann.
Cirplus: Plattform für Recyclingunternehmen und Kunststoffverarbeiter
Christian Schiller und Volkan Bilici wiederum wollen mit ihrem Startup Cirplus verbinden. Die Gründer haben eine Plattform entwickelt, die Recyclingunternehmen und Kunststoffverarbeiter zusammenbringt und so den Handel mit Kunststoffrezyklat digitalisiert.
Die Idee: Indem durch die Digitalisierung des Beschaffungsprozesses Kosten reduziert werden, wächst die Bereitschaft bei Unternehmen Rezyklate, statt Neuplastik einzusetzen. Mit ihrem Ansatz brachte es Cirplus in die Riege der Finalisten des Future Hamburg Award.
ys/kk