Nanopartikel oder Nanoteilchen entsprechen der Größe eines Millionstel Teil eines Millimeters. Oder anders ausgedrückt: Der Durchmesser eines menschlichen Haares ist fünfzigtausendmal größer. Und ein Nanoteilchen im Vergleich zu einem Fußball ist etwa so klein wie ein Fußball im Vergleich zu unserem Planet Erde. In dieser Größenordnung ändern sich physikalische und chemische Eigenschaften von Materialien – und das erlaubt die Entwicklung neuartiger Produkte und Anwendungen. „Im Hamburger IAP CAN wird Grundlagenforschung in die praktische Anwendung überführt“, erklärt Professor Weller.
Der Einsatz von Nanotechnologie erlaubt gänzlich neue Anwendungsmöglichkeiten, aber auch die Optimierung bereits bestehender Produkte – wie etwa den Corona-Schnelltest noch sicherer zu gestalten. Bei den Antigen-Testverfahren werden die Eiweißstrukturen von SARS-CoV-2 nachgewiesen. „Dieser Nachweis kann mit Hilfe von fluoreszierenden Nanopartikeln noch zuverlässiger erhoben werden. Wir entwickeln gerade einen derart verbesserten Test“, erklärt Professor Horst Weller, Forschungsbereichsleiter des Fraunhofer Zentrums für Angewandte Nanotechnologie CAN, ein Forschungsbereich des Fraunhofer IAP (IAP CAN). Zudem lehrt und forscht er am Fachbereich Chemie der Universität Hamburg zu Schwerpunkten wie Nanopartikel in der Medizin oder moderne Bildgebungsverfahren in der Medizin durch nanoskopische Marker, aber auch zu Nanopartikeln für Solarzellen oder in der Elektrokatalyse, Sensorik und bei hoch beanspruchten Werkstoffen.
Nanopartikel: Durchmesser eines menschlichen Haares fünfzigtausendmal größer
Nanotechnologie in der Medizin
So könnte Nanotechnologie dabei helfen, Krankheiten früher zu diagnostizieren oder Wirkstoffe zielgenauer zu transportieren. „Der menschliche Organismus versteht sich meisterlich auf den Transport lebensnotwendiger Stoffe wie Fette oder Sauerstoff, aber auch auf die Abwehr von Fremdkörpern“, erläutert Weller. Wird ein Stoff nicht vom eigenen System transportiert, wird er markiert und vom Immunsystem bekämpft. Das erschwert medizinische Therapieansätze. „Die Nanotechnologie hat hier erste Erfolge erzielen können. Etwa in der Tumorbekämpfung, in der oft eine chemische Keule zum Einsatz kommt, die gesunde ebenso wie kranke Zellen angreift. Mit Hilfe von Nanoteilchen lässt sich in Zukunft voraussichtlich ein wesentlich exakterer Einsatz ermöglichen.“
Nanotechnologie in der Konsumgüterindustrie
Der Einsatz von Nanotechnologie kann aber auch einfach Spaß machen. Nano-Kristalle aus Halbleiter-Materialen, sogenannte Quantum Dots, erlauben brillante Fernsehbilder. Quantum Dots können Licht sehr gut absorbieren und aussenden und erzeugen dabei eine sehr reine und stabile Lichtfarbe. Die Farbe selbst ist abhängig von der Größe seines Kerns: Bei manchen Materialien strahlt ein 2 nm großer Kern blaues Licht aus, rot entsteht, wenn der Kern 6 bis 7 nm groß ist. „So können die primären Farben blau, grün und rot besonders klar voneinander getrennt dargestellt werden, wodurch auch alle Mischfarben eine besonders gute Farbqualität erreichen“, betont Weller. Die Quantum Dots werden in Lösung hergestellt und in Flaschen abgefüllt. In Displays werden sie dann in eine Kunststofffolie eingebettet.
Verbesserungen erzielen und Kosten reduzieren
Nanopartikelsysteme zeichnen sich durch besondere Eigenschaften aus. Sie können magnetisch, elektrizitätsleitend, fluoreszierend oder katalytisch aktiv sein, was sie für viele verschiedene Bereiche interessant macht. Etwa für die Materialwissenschaften, wo die katalytischen Eigenschaften von metallischen Nanopartikeln bei der Erzeugung von Wasserstoff und dessen Nutzung in Brennstoffzellen geschätzt werden – auch aus Kostengründen. „In Katalysatoren kommen teure Materialien wie Platin zum Einsatz – und Nanopartikel erlauben einen deutlich reduzierten Materialeinsatz“, so Weller. „In einem anderen Bereich der Materialwissenschaften wurde in Hamburg echte Pionierarbeit geleistet“, fährt der Professor fort.
Schon in den neunziger Jahren hat sein Forscherteam erstmalig Nanokristalle für Solarzellen optimiert, woraus heute ein weltweit großes Forschungsgebiet entstanden ist. „Vor allem aber haben die so gewonnenen Erkenntnisse einen entscheidenden Beitrag zum Verständnis der opto-elektronischen Eigenschaften von maßgeschneiderten Nanostrukturen geleistet.“ Und wie ist der Wissenschaftsstandort Hamburg in Bezug auf diese Zukunftstechnologie heute aufgestellt? „Ausgesprochen gut!“, betont der Professor. „Hamburg ist eines der weltweit führenden Zentren in den Nanowissenschaften.“
ys/kk
Quellen und weitere Informationen
Das Zentrum für Angewandte Nanotechnologie CAN geht zurück auf die 2005 gegründet CAN GmbH, eine Private Public Partnership der Stadt Hamburg, der Universität Hamburg sowie namhaften Industrieunternehmen wie Beiersdorf AG, Eppendorf AG, Merck KGaA, Bode Chemie GmbH oder DESY. 2018 wurde die CAN GmbH als Forschungsbereich in das Fraunhofer IAP integriert. Aktuell forschen rund 70 Wissenschaftler*innen unter der Leitung von Professor Horst Weller an der Zukunftstechnologie: 35 im IAP CAN, 35 an der Universität Hamburg.