Aufgrund ihres stabilen Wachstums und Innovationspotenzials gilt die Ernährungswirtschaft als Schlüsselbranche für die wirtschaftliche Entwicklung Norddeutschlands, speziell Schleswig-Holsteins. In Deutschlands nördlichstem Bundesland liegt der Fokus vor allem auf der Fleisch- und Milchverarbeitung sowie der Back- und Süßwarenherstellung. „Insgesamt sind in Schleswig-Holstein rund 37.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Ernährungswirtschaft tätig“, weiß Jacobsen. Das Foodregio Startup Lab ist angetreten, um das Innovationspotenzial der Branche effektiv nutzen zu können, und richtet sich dabei an Gründungsteams mit einem bereits fortgeschrittenen Prototypen. „Etwas verkürzt lässt sich sagen, unsere Arbeit orientiert sich an drei Begriffen: individuell, ehrlich und vertrauensvoll“, erklärt Jacobsen. Nach seiner Erfahrung lassen sich die Bedürfnisse der Gründungsteams nicht in eine Schablone pressen.
Die Globalisierung hat die Lebensmittelbranche tiefgreifend verändert, sowohl auf der Beschaffungs- als auch auf der Vertriebsseite. Das ist auch in der Metropolregion Hamburg spürbar. „Sie können Backwaren aus Lübeck in New York kaufen, genauso wie Cerealien aus Lübeck in das Heimatland der Corn Flakes exportiert werden. Und Spirituosen aus Schleswig-Holstein sind in allen Duty-free-Shops dieser Welt vertreten“, betont Professor Björn P. Jacobsen vom Foodregio e.V. und Ansprechpartner für das Foodregio Startup Lab. Seit 2019 finden Gründer:innen Unterstützung in dem Lab, das sich zum Ziel gesetzt hat, ein Ökosystem für Food-Startups im Norden zu etablieren und kontinuierlich auszubauen. Das Branchennetzwerk Foodregio, 2005 gegründet, ist in allen fünf norddeutschen Bundesländern mit Mitgliedern vertreten – von den Schwartauer Werken über Bäckerei Junge bis zu Niederegger Marzipan. Auch wissenschaftliche Einrichtungen wie Fraunhofer IMTE oder die Technische Hochschule Lübeck sind Mitglied bei foodRegio.
Foodregio Startup: Innovationspotenzial stärken
Im Zentrum steht die Kontaktvermittlung
Im Zuge eines individuellen Ansatzes erhalten Gründer:innen daher zuallererst eine ungeschminkte Einschätzung, ob die im Startup Lab engagierten Unternehmer:innen dem jeweiligen Produkt oder der Dienstleistung eine echte Marktchance einräumen. Vielversprechende Gründungsansätze werden vor allem durch die Etablierung wertvoller Kontakte unterstützt. „Wer kann bei der weiteren Entwicklung helfen? Wer kann bei der Produktion unterstützen? Und wie verkaufe ich das Produkt? Auf diese Weise findet sich in der Regel auch ein ehrlicher Beteiligungspartner“, so Jacobsen, der viel Erfahrung mit Unternehmen im internationalen Handel und der Industrie mitbringt. Zudem betont er die absolute Vertraulichkeit bei der Beratung.
Diese 3 Themenfelder haben besonders großes Zukunftspotenzial
Und wo geht die Reise hin? Gibt es aktuelle Trends, die im foodRegio Startup Lab im Fokus stehen? Professor Björn P. Jacobsen, der zudem an der Hochschule Stralsund im Bereich Management Studies and International Management speziell Innovations- und Projektmanagement lehrt, nennt drei Felder, mit denen sich das Startup Lab in Zukunft schwerpunktmäßig befassen wird: Ressourceneffizienz, gesundheitsfördernde Ernährung und digitale Transformation.
Ressourceneffizienz
Recyclingfähigkeit von Lebensmittelverpackungen oder Strategien zur Substitution von fossilen Rohstoffen gehören schon seit längerem zu den Herausforderungen der Branche. Jacobsen nennt einen weiteren Aspekt: „Wenn man unsere Tätigkeit in der Ernährungswirtschaft einmal auf den Punkt bringen möchte, dann erhitzen wir und kühlen ab. Das ist energieintensiv. Daher ist das Thema Ressourceneffizienz und Dekarbonisierung bei uns ziemlich hoch auf der Agenda.“
Gesundheitsfördernde Ernährung
„Im Kern wird Ernährung immer personalisierter und dient der Prävention“, beobachtet Jacobsen. "Schließlich hat jeder Körper individuelle Bedürfnisse, und individualisierte Ernährungskonzepte basieren oft auf Analysen des Stoffwechsels, Gesundheitszustandes, Lebensstils, der persönlichen Vorlieben oder sogar des genetischen Profils. Darauf muss die Ernährungswirtschaft reagieren. Wir müssen Fähigkeiten entwickeln, wie wir die Produktion großer Mengen mit Individualisierung zusammenbringen.“
Digitale Transformation
Hier verweist Jacobsen besonders auf die Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) als einem Enabler für weitere Themen. „Nur ein Beispiel: Unsere Mitgliedsunternehmen nutzen auf Mikrostandorte bezogene KI-Wetterprognosen für die KI-gestützte Produktionsplanung. Das Ziel hierbei ist Food Waste gar nicht erst entstehen zu lassen und das zahlt dann wieder auf das Thema Ressourceneffizienz ein.“
Food Foresight: Das neue Morgen der Ernährungswirtschaft
Über diesen ‚Blick in die Glaskugel‘ hinaus verweist Jacobsen auf den Foodregio-Trend Radar sowie den jährlichen Foodregio-Trendtag, der im Mai unter dem Motto „Alles bleibt anders – Das neue Morgen der Ernährungswirtschaft“ stattfand. Auf dem Programm standen Vorträge und Fachforen zu Themen wie resiliente Lebensmittelsysteme, Globalisierung als Wirtschaftsfaktor oder Trends wie Neo-Ökologie. „Und wer noch weiter in die Zukunft blicken möchte: Unsere Foodregio-Wissenswerft bietet einen Onlinekurs an zum Thema ‚Food Foresight‘.“
ys/mm