Helms positiver Eindruck basiert auf aktuell 36 Startups und jungen Unternehmen, die sich in dem fünfgeschossigen, eigens für die Förderung von Unternehmertum und Innovationen konzipierten Bau in Buchholz eingemietet haben. Damit ist das ISI-Zentrum – „ISI“ steht für „Initiative für Start-up und Innovation“ – fast komplett ausgelastet. Doch da die maximale Mietzeit auf fünf Jahre begrenzt ist, werden immer wieder Flächen frei. Das Angebot umfasst flexible Mietverträge für Büro- und Funktionsräume, sowie Werkhallen. „Die Flexibilität der Verträge ist entscheidend“, betont Helm. „So startet ein Gründer vielleicht mit 16 Quadratmeter für 240 Euro und wenn es gut läuft, mietet er weitere 16 Quadratmeter dazu. Oder er zieht zurück an den Küchentisch und kommt wieder, wenn die Zeiten besser sind.“ Nicht ohne Grund hat sich die WLH für den Namen ‚ISI‘ entschieden, denn das klingt wie ‚easy‘, also englisch für ‚leicht‘.
Pandemie, Inflation und Ukraine-Krieg – Wir leben in einer ‚VUKA-Welt‘. Das Akronym steht für volatil, unsicher, komplex und ambivalent, stammt aus den 90er-Jahren und ist doch erschreckend aktuell. Die Gründer:innen im ISI-Zentrum für Gründung, Business und Innovation im Landkreis Harburg zeigen sich von den wirtschaftlichen Auswirkungen allerdings weitgehend unbeeindruckt. „Natürlich gehen die aktuellen Entwicklungen nicht spurlos an den jungen Unternehmen vorbei. Aber wenn wir über das Business sprechen, ist die Stimmung weitgehend gut“, bestätigt Zentrumsmanagerin Kerstin Helm. Die Gründe für den Optimismus liegen zum einen wohl im festen Glauben der Gründer:innen an ihre jeweilige Geschäftsidee, zum anderen in ihrer spezifischen Situation. „Viele Unternehmen befinden sich noch in der Entwicklungsphase und sind somit gut in der Lage, sich an die herrschenden Bedingungen anzupassen“, so Helm, die als gelernte Bankfachwirtin seit vielen Jahren als Gründungsberaterin und Koordinatorin der Gründungsaktivitäten vor Ort tätig ist. Träger und Betreiber des 2014 eröffneten ISI-Zentrums ist die Wirtschaftsförderung im Landkreis Harburg GmbH (WLH).
Flexible Mietverträge und fachliche Unterstützung
Expertenrunden und Wissensvermittlung
Neben dem einfachen Zugang zu Flächen, können Mieter:innen vom regionalen Kompetenznetzwerk der WLH profitieren. „Wir vermitteln Kontakte zu Expert:innen rund um Fragen zu Gründung, Finanzierung oder Fördermöglichkeiten und wir holen Wissen zu ganz verschiedenen Themen ins ISI-Zentrum. Dazu sind wir mit zahlreichen Hochschulen der Region vernetzt – mit der TUHH, der Universität Hamburg oder der HAW Hamburg, aber auch mit der Leuphana in Lüneburg“, so die Gründungsexpertin.
Heterogene Mieterschaft im ISI-Zentrum
Das möglichst breit gefächerte Angebot an Beratungs-, Fach- und Informationsveranstaltungen entspricht der stark heterogenen Mieterschaft im ISI-Zentrum. „Wir haben viele spezialisierte Gründungen und unterstützen gern innovative Ansätze, denn Gründer:innen, die neue Wege gehen wollen, haben es bei klassischen Vermieter:innen oft nicht leicht“, weiß Helm. So finden sich im ISI-Zentrum viele digital oder technologisch ausgerichtete Startups, wie etwa Sequence 6, die KI-Lösungen für Unternehmensprozesse anbieten, oder Engenigs, die auf Ingenieursdienstleistungen spezialisiert sind und beispielsweise Prototypen bauen. Darüber hinaus können Hochschulausgründungen vom ISI-Zentrum aus ihren Markteintritt planen. So wie Traceless, die eine kompostierbare Kunststoffalternative aus Biomasse entwickeln und mit ihrem Ansatz bereits Fördermittel des Europäischen Innovationsrats (EIC) einwerben konnten. Aber auch klassische Unternehmensfelder finden sich im ISI-Zentrum. Ende letzten Jahres etwa kamen die Digitalagentur Möschter & Knittel, die Personalberatung Jeromin sowie der Heizungsanlagenanbieter Infrawarm als neue Mieter:innen hinzu.
Junge Gründer:innen mit besonderem Spirit
„Die unterschiedlichen Unternehmen befruchten sich gegenseitig, obwohl oder vielleicht sogar weil sie in verschiedenen Feldern tätig sind.“ Das erleichtere den Blick über den eigenen Tellerrand hinaus. Viele der Mieter:innen im ISI-Zentrum sind um die 30 Jahre alt, mit mehrjähriger Erfahrung in großen Unternehmen und guter Kenntnis ihres Marktes. „Aber wir haben auch die ganz Jungen im Blick und bieten seit März unsere Gründerklasse an.“ Das neue Angebot richtet sich an ‚Entrepreneur:innen unter 22 Jahren‘, die oft schon während ihrer Schulzeit die erste eigene Unternehmensidee entwickeln oder sogar an den Start bringen. „Diese ganz jungen Gründer:innen passen schon aufgrund ihres Alters häufig in keines der etablierten Schemata und stehen deshalb vor besonderen rechtlichen und geschäftlichen Herausforderungen“, weiß Helm. Zudem hätten sie oft einen ganz besonderen Spirit: „Sie denken manches viel einfacher und klarer als Berufserfahrene.“ Und diesen Spirit wollen Helm und das Team der WLH nun explizit unterstützten und begleiten. Nächster Gründerklasse-Termin: 20. September 2022.
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