„Mit unserer Technologie lassen sich stylische Brillen herstellen, denen man die Fähigkeit für eine erweiterte Realität gar nicht ansieht“, so Oqmented-Gründer Ulrich Hofmann. Möglich wird dies mit einem flachen, quadratischen Modul, das nur wenige Millimeter groß ist und von einer winzigen, schützenden Glaskuppel gekrönt wird. Herzstück dieses Systems ist ein winziger Spiegel. Dieser lässt sich elektronisch gesteuert bis zu 100.000 Mal pro Sekunde bewegen. Dabei lenkt der Spiegel, je nach Anwendung, Licht im sichtbaren Spektralbereich und im nahen Infraroten kontrolliert auf einen gewünschten Bereich im freien Raum.
Viele Pilot:innen nutzen bereits heute sogenannte Head-up-Displays, die wichtige Daten zur Reise und zum Zustand des Flugzeugs direkt in das Blickfeld projizieren. Diese Technologie der Augmented Reality (AR, zu dt. „erweiterte Realität“) erobert nun nach und nach den Massenmarkt. Für handliche und leichte AR-Brillen – einsetzbar für Computerspiele, virtuelle Reisen oder aber als Hilfsmittel im OP – hat das junge Unternehmen Oqmented, mit Sitz in der Metropolregion Hamburg, ein kleines optisches Lasermodul entwickelt. Damit bietet die Ausgründung des Fraunhofer Instituts für Siliziumtechnologie (ISIT) in Itzehoe größeren Herstellern von AR-Geräten eine Schlüsseltechnologie und könnte vom rasanten Wachstum dieser Branche profitieren. Der Digitalverband Bitkom e. V. sieht in dieser Technologie gar die Chance auf „das nächste große Ding“, vor allem mit starkem Wachstumspotenzial im Bereich AR-Brillen.
Metropolregion Hamburg: Oqmented setzt auf Hightech-Brillen
AR-Brillen für Fitness, OPs und Computerspiele
„Dieses Modul, das wir ‚light engine‘ nennen, kann zwei Aufgaben übernehmen“, sagt Hofmann. Lenkt es den eng fokussierten Strahl eines Infrarotlasers ab, lässt sich durch das rasante Bewegen des Spiegels eine nahe Umgebung sehr schnell abscannen. Laserlicht im sichtbaren Spektralbereich dagegen lenkt der Spiegel so genau und schnell ab, dass der oder die Träger:in einer AR-Brille im Sichtfeld eine gestochen scharfe Schrift in beliebiger Farbe lesen kann, scheinbar eine Armlänge vorm Auge. „Für solche AR-Brillen, die wichtige Zusatzinformationen in das normale Blickfeld projizieren, sind eine Vielzahl von Anwendungen möglich – vom Chirurgen bis hin zum Museumsbesucher“, berichtet der Gründer. Immer wenn der oder die Nutzer:in auf ein bestimmtes Objekt oder ein Bauteil schaut, erscheint im Blickfeld die genau dazu passende Textinformation. Hofmann stellt sich dabei etwa eine Sportbrille mit projizierten Navigations- oder Fitnessdaten oder aber eine Bürovariante für (3D-)Online-Meetings vor.
Großes B2B-Interesse an Itzehoer Lasermodul
Gegründet hat Hofmann sein Unternehmen 2019, nachdem er selbst viele Jahre am Fraunhofer-Institut an optischen MEMS-Modulen (Fachkürzel für mikroelektromechanische Module wie dieses) geforscht hat. „Dann war es an der Zeit, aus dem gesammelten Wissen auch greifbare Produkte zu entwickeln“, sagt Hofmann. „Und in der Gründungsphase haben wir tolle Unterstützung vom Land Schleswig-Holstein bekommen.“ So gewann Oqmented beispielsweise 2019 den Startup-Wettbewerb des Landes. Heute zählt Oqmented bereits 75 Mitarbeiter:innen und meldet laut Hofmann immer mehr Patente an. Parallel zum Firmenwachstum steigt das Interesse von größeren Herstellern weltweit an den filigranen und energieeffizienten „light engines“ – designed in Itzehoe. Konkrete Namen will der Gründer in diesem B2B-Bereich allerdings noch nicht nennen. Doch rechnet er mit ersten Produkten im Jahr 2025.
Internationale Kooperation und Expansion, lokale Entwicklung
Um dann genügend Lasermodule liefern zu können, werden die heute genutzten Produktionsreinräume am Itzehoer Fraunhofer Institut nicht mehr ausreichen. Daher plant Hofmann bereits eine Produktion gemeinsam mit dem europäischen Halbleiterhersteller STMicroelectronics in Norditalien. Weitere Vertretungen baute Oqmented bereits in Kiel, Essen, Jena und im Herzen des Silicon Valleys, im kalifornischen Palo Alto, auf. Das Zentrum für Forschung und Entwicklung immer besserer MEMS-Systeme soll laut Hofmann aber weiterhin in Itzehoe und damit in der Metropolregion Hamburg liegen.
jol/nj/sb